Digitalisierung, Weiterbildung, Beruf und Alter

 

Marcel Schaerer

Ich bin mir bewusst, dass der Prozess der Digitalisierung unausweichlich ist und ich ihn deshalb akzeptieren muss.

Viele Vorteile, Vereinfachungen und Optimierungen entstehen daraus. Die Art, wie wir heute leben und funktionieren, wird sich mit zunehmender Geschwindigkeit verändern und wir werden lernen, die digitale Welt noch mehr als integralen Bestandteil unseres Lebens zu sehen.

Nachteile oder Themen entstehen, wenn einfache oder einfachste Arbeiten bspw. in der industriellen Produktion automatisiert werden und teilweise oder ganz in Bezug auf menschlichen Einsatz wegfallen. Die Mitarbeiter, die hier ihre Arbeitsplätze aufgeben werden, verfügen häufig nicht über den nötigen Aus- oder Weiterbildungshintergrund, sich schnell in eine fachlich höhere Position zu entwickeln. Mit zunehmender Digitalisierung wächst aber der Anspruch an Arbeitnehmer jeder Stufe dies zu tun und zu leisten.

 

Die moderne Arbeitswelt stellt also den Anspruch von steter Weiterbildung an uns, weil sich Arbeitsmodelle und Konfigurationen ändern. Nur wer finanziert diese Weiterbildung?

Der Betriebsmitarbeiter mit einem Durchschnittsgehalt von CHF 5000.—, wohl kaum. Zwar gibt es gute Vorstösse von Unternehmen nur reichen diese aus? Häufig ist der Bedarf an betrieblicher oder externer Ausbildung und somit auch der Talent Förderung und Erhaltung in den eigenen Reihen, wenig bis gar nicht erkannt. Gerade hier liegt aber ein wichtiger Baustein für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. Was kostet mehr? Eine bezahlte Ausbildung oder die Neurekrutierung eines Mitarbeiters, der weder Kultur, Werte noch Ziele im Vorfeld kennt?

 

Der Staat hat wohl in einigen Bereichen Gelder versprochen, nur wo fliessen diese momentan hin? Man weiss es so genau eigentlich nicht. Ich war vor einigen Wochen am BIM Kongress in Zürich. Ein Vertreter des Bundesrates war ebenfalls da und hat zu diesen Themen gesprochen. Er teilte mit, dass mehrere Millionen zugesagt sind, nur wo die im Moment wohl investiert würden, konnte er auch nicht sagen. Die Schweiz ist in vielen Bereichen weit vorn, was Innovation, Digitalisierung und StartUp Kultur anbelangt. Unsere Bildungslandschaft ist gross und qualitativ hochwertig. Ein Nutzen daraus entsteht aber nur dem, der auch die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung hat. Der Mittelstand verabschiedet sich zunehmend mehr aus der Schweiz. Wo geht die Reise also hin?

Finanzierte betriebliche Weiterbildungen oder ein staatlich gefördertes Bildungsangebot, wie auch in anderen europäischen Ländern, könnten hier sicherlich Abhilfe schaffen.

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In meinem beruflichen Alltag als Prozessbegleiter in NewPlacements, Coach und Dozent bin ich konfrontiert mit der Freude an Digitalisierung, wie auch der Angst davor.

An vielen Stellen fehlt die Aufklärung, zum einen zur Unausweichlichkeit, zum anderen aber auch zu den vielen Mehrwerten, die im Alltag entstehen. Meine Kinder wachsen in der digitalen Welt auf, sie nutzen bereits einen Teil des grossen Angebots und selektieren nach Bedarf.

Der Generation vor mir fehlt dieser natürliche Umgang, verständlicherweise. Hier ist klar präventive Information und Begleitung gefragt. Es wird viel gesprochen zu den Themen Talentmanagement und Employer Branding, Bereiche, die nicht mit 45 Jahren enden. Ein Arbeitnehmer mit 55 Jahren, der das Wissen der „analogen“ Prozesse mit dem Einsatz von digitalen Mitteln kombiniert, kann hochgradig produktiv sein, weil er die ganze Spanne sieht und nicht nur einen Zyklus. Das Bewusstsein dafür und der Nutzen daran, müssen aber vielleicht erst aufgezeigt werden. Dies nimmt Angst und fördert Sicherheit in einer digitalen Welt, auch für ältere Arbeitnehmer.

 

Digitalisierung, Weiterbildung, Beruf und Alter, alles hängt zusammen. Die Vorteile zu sehen ist nicht immer einfach und setzt entsprechende Handlungen voraus, von Unternehmen, dem Staat und uns allen.